Überlastung war kein lauter Gast in meinem Leben. Sie drängte sich nicht auf, schrie nicht um Aufmerksamkeit und meldete sich selten direkt zu Wort. Stattdessen schlich sie sich ein, unbemerkt, oft getarnt als vermeintliche Produktivität oder Pflichtbewusstsein. Erst im Rückblick erkannte ich, wie früh die ersten Warnsignale da waren – und wie konsequent ich sie ignorierte.
Die Sprache der Überlastung war subtil. Zuerst bemerkte ich es an meinem Körper. Meine Nächte wurden immer weniger erholsam. Kopfschmerzen traten häufiger auf. Mein Körper war so angespannt, dass ich nachts Krämpfe bekam. Es war, als würde meine Energie wie Wasser aus einem undichten Fass tropfen, ohne dass es nachgefüllt wurde. Dann zeigten sich die Symptome in meinen Emotionen. Ein unerklärlicher Frust, der immer wieder hochkam. Gereiztheit in Momenten, die früher keine Herausforderung darstellten. Kleinigkeiten brachten mich aus der Fassung, obwohl ich wusste, dass sie es nicht sollten.
Es war mein Geist, der die ersten Alarmglocken läutete. Ich brauchte plötzlich länger, um Entscheidungen zu treffen. Meine Gedanken schienen sich zu verknoten, wo sie früher klar gewesen waren. Kreative Lösungen, die einst wie von selbst kamen, fühlten sich plötzlich unerreichbar an. Diese Denkblockaden, diese kleinen Pausen des Zweifels, waren keine Zeichen von Schwäche. Sie waren mein innerer Ruf, endlich hinzuschauen.
Doch das war leichter gesagt als getan. Ich war ein Meister darin, meine Warnsignale zu übergehen. Da war die Deadline, die keinen Aufschub duldete. Das Team, das mich brauchte. Die Verantwortung, die sich nicht teilen ließ. Es war ironisch, dass ich, der für andere den Raum öffnete, für mich selbst keinen schaffen konnte.
Der erste Schritt war, innezuhalten und bewusst in mich hineinzuhören. Ich nutzte dabei eine einfache, aber effektive Methode: das schriftliche Reflektieren. Dazu nahm ich mir ein Notizbuch und beantwortete gezielt folgende Fragen: Wann fühlte ich mich wirklich überfordert? Was löste dieses Gefühl aus? Welche Gedanken und Emotionen gingen damit einher? Besonders hilfreich war es, konkrete Situationen zu beschreiben und die körperlichen Reaktionen zu notieren, die ich dabei spürte.
Eine weitere Technik, die ich entdeckte, war das bewusste Atmen. In Momenten der Überforderung hielt ich inne und atmete tief ein und aus. Dabei zählte ich langsam bis vier, hielt den Atem kurz an und ließ ihn dann ebenso langsam entweichen. Dieses einfache Ritual half mir, einen klaren Kopf zu bewahren und wieder Kontakt zu meinem Inneren aufzunehmen. Manchmal setzte ich mich auch für zehn Minuten an einen ruhigen Ort, um meine Gedanken zu ordnen. Indem ich diesen Raum bewusst schuf, lernte ich, meine inneren Warnsignale besser wahrzunehmen und ernst zu nehmen.
Je mehr ich mich mit diesem Prozess auseinandersetzte, desto deutlicher wurde mir, dass Reflexion nicht nur ein Rückblick auf die Vergangenheit ist. Es ist auch ein Blick nach vorne, eine Gelegenheit, Muster zu erkennen und neue Wege zu gestalten. Ich begann, meine Erkenntnisse in konkrete Handlungen umzuwandeln. Beispielsweise lernte ich, früher „Nein“ zu sagen und Grenzen zu setzen. Ich erkannte, dass es kein Zeichen von Schwäche ist, um Hilfe zu bitten oder Aufgaben zu delegieren. Diese Veränderungen waren nicht immer leicht, doch sie brachten eine spürbare Erleichterung.
Die Reflexion half mir nicht nur, Überlastung zu vermeiden, sondern auch, meine Resilienz zu stärken. Heute kann ich klarer erkennen, wann ich Pausen brauche, und habe gelernt, diese aktiv einzufordern. Ich weiß jetzt, dass mein Körper, meine Gefühle und mein Verstand wie ein feines Alarmsystem arbeiten, das mir hilft, auf Kurs zu bleiben – wenn ich bereit bin, hinzuhören.
Mein Körper sprach, meine Gefühle sprachen, mein Verstand sprach. Die Frage war: Hörte ich zu? Und jetzt weiß ich: Ja, ich höre hin – jeden Tag ein bisschen besser.
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