Gestern durfte ich mal wieder eine Working Agreements Session durchführen. Es ist, wie ich finde, eines der mächtigsten Werkzeuge, die einem als Teamcoach zur Verfügung stehen. Nicht, weil das Ergebnis eine besonders clevere Liste von Regeln wäre. Sondern weil der Prozess selbst Türen öffnet, durch die man sonst nie gehen würde.
In der ORSC Arbeit – kurz für Organizational and Relationship Systems Coaching – sprechen wir von einer sogenannten Team Allianz. Sie ist mehr als nur eine Sammlung von Regeln. Sie ist ein bewusster Aushandlungsprozess, der wie ein Vertrag wirkt.
Bevor dieser Vertrag jedoch im Team verankert wird, beginnt der Prozess oft mit einer Coaching Allianz – also einer bewussten Vereinbarung zwischen Coach und Team. Sie bildet den sicheren Rahmen, in dem Vertrauen wachsen kann. Hier klären wir: Wie arbeite ich als Coach? Was kann das Team von mir erwarten – und ich vom Team?
Ein Vertrag, in dem wir festhalten, wie wir miteinander arbeiten wollen. Und was uns wichtig ist, wenn es mal schwierig wird.
Doch die Magie liegt nicht im Erstellen. Sie beginnt dann, wenn wir gemeinsam über die Begriffe auf der Liste sprechen. Wenn Buzzwords zu echten Gesprächen führen.
Mein Lieblingsbeispiel dafür ist das Thema Pünktlichkeit. Ein Begriff, so simpel und klar – und doch so unterschiedlich erlebt.
Ich persönlich gehöre zu denen, die lieber zu früh als zu spät sind. Ein paar Minuten vor dem Termin zu erscheinen fühlt sich für mich respektvoll an.
Andere sehen das ganz anders. Für sie ist pünktlich eben genau pünktlich. Nicht früher. Nicht später.
Und dann gibt es da noch meinen Neffen, der fest davon überzeugt ist, dass das berühmte akademische Viertel nicht nur okay, sondern sogar normal ist.
Im schlimmsten Fall hat der eine auf den anderen fast eine halbe Stunde gewartet.
Und wisst ihr was? Alle haben recht. Jeder ist in seiner Welt pünktlich!
Genau deshalb sind diese Gespräche so wertvoll. Wir beginnen zu verstehen, was wir unter bestimmten Begriffen wirklich meinen. Wir entdecken blinde Flecken, unausgesprochene Erwartungen und kulturelle Unterschiede, die vorher nie sichtbar waren. Und genau darin liegt die Kraft der Working Agreements!
Nicht in der Liste. Sondern im Gespräch darüber. Es geht nicht darum, die regeln die gemacht sind einzuklagen sondern ein gemeinsames Verständnis darüber zu bekommen.
Ein guter Vertrag hilft nicht nur bei Konflikten – er schafft Verbindung.
Grüße,
Michaelus

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