„Hey, heute ist wieder einer der verdammten Tage…“

So beginnt ein Lied von den Fantastischen 4 und ziemlich genau zu dieser Zeit saß ich auch an meinem Schreibtisch und wälzte Probleme. Schwere! Ich hatte eine völlig neue Station zu koordinieren. Wir hatten gerade angefangen, Heimbeatmungen in die Mobile Pflege aufzunehmen, um beatmungspflichtigen Patienten die Möglichkeit zu geben, sie zuhause zu pflegen.

Wir waren gerade gestartet damit – das Personal war noch nicht vollständig gecastet, noch nicht fertig ausgebildet. Es musste Werbung gemacht werden, den potenziellen Patienten die Möglichkeiten, Chancen und Risiken vermittelt und mit den Kassen die Vergütung besprochen werden. Es war ein Novum – sowas gab es zumindest in Ba-Wü noch nicht.

So viele Dinge schienen gleichzeitig wichtig und dringend zu sein – besonders mein Chef, der offenbar noch nicht ganz an meine Idee glaubte und ständig „Wasserstandsmeldungen“ von mir haben wollte. Ich war für alles verantwortlich – oder besser gesagt, ich empfand es so. Das war eine Zeit, in der ich quasi permanent unter Strom stand.

Ich erkannte, dass mein Problem nicht die Menge der Aufgaben war, sondern meine Unfähigkeit, Prioritäten zu setzen. Ich wollte alles gleichzeitig lösen, alle Erwartungen erfüllen und niemanden enttäuschen. Aber genau das machte mich selbst zur größten Enttäuschung – für mich.

Ich begann, meine Aufgaben bewusst zu sortieren. Nicht in Kategorien oder Schubladen, sondern in meinem Kopf. In den frühen Neunzigern hatte ich die Eisenhower-Matrix kennengelernt – quasi kurz nach ihrer Erfindung 😉 – und sie half mir, meine Gedanken zu ordnen. Ich fragte mich bei jeder Aufgabe: Ist das wirklich meine Verantwortung? Macht es einen Unterschied, wenn ich das jetzt tue? Und was passiert, wenn ich es nicht tue? Die Antworten waren nicht immer leicht zu finden und zu akzeptieren, denn sie zwangen mich, loszulassen. Aber sie brachten Klarheit.

Jetzt ist die Eisenhower-Methode sicher nichts Neues und auch weit weg von Raketenwissenschaft. Sie bleibt jedoch ein wertvolles Tool, das uns dabei hilft, Wichtiges und Dringendes von dem zu unterscheiden, was es eben nicht ist. Und seien wir doch mal ehrlich: Wer hockt nicht manchmal in der „Alles ist wichtig“-Falle?

Das Erste, was ich tat, nachdem die Aufgaben einsortiert waren, war, mit meinem Chef ein Statusmeeting einzuführen, in dem ich ihn einmal pro Woche über den Fortschritt informierte. Alleine das sparte mir schon mehrere Stunden die Woche. 😉 Danach erstellte ich eine Liste (heute würde ich es Backlog nennen) der Dinge, die zu tun waren, in der Reihenfolge der Dringlichkeit. Dinge, die ich blau markierte, mussten von mir erledigt werden, die mit grünem Marker konnten von allen gemacht werden. Im nächsten Team-Meeting erklärte ich das Prinzip meinen Leuten.

An diesem Abend hörte ich auf, alles zu wollen – und begann, das Wichtige zu tun.

Führung beginnt bei dir!

Michaelus